Ein Bayer in Preußen: der Wastl
Das Jubiläumsjahr 2020 – das Akkordeonorchester besteht inzwischen seit 60 Jahren – dürften sich AOM-Vorsitzender Detlef Erberich und die ihn umgebenden Vorstandsdamen sicher anders vorgestellt haben: Jubiläumskonzerte bei gleich drei großen Auftritten in Bonn, Siegburg und Troisdorf waren geplant. Doch dann kam das blöde Corona-Virus um die Ecke und machte einen Strich durch alle Planungen. Ncht nur sämtliche Konzerte fielen aus, sondern auch im heimischen Trainings-Center, der "Mehrzweckhalle Müllekoven" war von heute auf morgen der Zutritt verboten. Doch so leicht lässt sich ein gestandenes Orchester das Musizieren nicht verbieten und so tingelte man an Rhein und Sieg durchs Land wie weiland fahrende Musikanten, vor denen die Bevölkerung gewarnt wurde: "Holt die Wäsche ins Haus und die Kinder von der Leine, Musikanten sind in der Stadt" (oder vielleicht habe ich da auch was falsch aufgeschnappt – egal). Fakt ist, dass es so gut wie keine Location in der Region gab, bei der nicht ein Vorstandsmitglied des AOM als Klinkenputzer um Gastrecht buhlte.
Zum Teil erfolgreich: So musizierte man sportlich in einer Hockeyhalle in Köln, sittsam bei den Styler Missionaren in Sankt Augustin und lernbegierig in einer Realschule in Troisdorf. Alles immer coronakonform mit dem gebührenden An- und Abstand. Auch das in der Luxusherberge Leutesdorf vorgesehene Probenwochenende schien durchführbar, weil die dortige Jugendherberge zunächst Einzelzimmer für alle Akkordeonisten zusagte. Doch dann kam die Nachricht, dass man doch nicht für alle Müllekovener ein Séparée bereitstellen könne und damit war das Probenwochenende 2020 gestorben. Jedenfalls zunächst. Denn die liebe Ulla mochte sich nicht so einfach mit der Absage abfinden und machte sich auf die Suche nach einer geeigneten Location. Und wer unsere Ulla kennt, der weiß, dass die nichts unversucht lässt, um zum Ziel zu kommen. Und so überraschte sie die Vorstandskollegen und die Mitspieler mit der Nachricht, dass man in Kriegsdorf beim "Wastl" im Sälchen zwei Tage lang proben dürfe. Da war die Freude bei allen Beteiligten natürlich groß, vor allen Dingen bei unserem bayrischen Kollegen Siegi (der meisterhaft mit seiner Kuhglocke und den Eiern umzugehen weiß), ließ doch der Name "Wastl" als bayrische Schreibweise von "Sebastian" darauf schließen, dass es sich bei dem Gastronomen um einen Landsmann handeln müsse. Und soviel sei vorweg verraten: In diesem Kriegsdorfer Gourmet-Tempel gab es sogar unter anderem bayrischen Wurstsalat und bayrischen Leberkäs, also exquisite Speisen, die man sonst nur südlich des Weißwurst-Äquators findet.
Vorbildlich: Mundschutz auch für das Akkordeon!
Als Vorstandsmitglied zur Verschwiegenheit verpflichte,t darf ich hier natürlich nicht erwähnen, dass aufgrund der steigenden Infektionszahlen in Köln und Siegburg das Probenwochenende dann doch noch mal auf der Kippe stand, aber da gab es ein Machtwort unseres Vorsitzenden: "Das für die beiden Tage georderte Essen müssen wir auf jeden Fall bezahlen, also findet das Probenwochenende statt." Und dann traf er noch eine sehr weise Entscheidung, indem er kurzerhand den stellvertretenden Dirigenten, Arrangeur, Akkordeonvirtuosen und Keyboardspieler Sträßer zum Hygienebeauftragen ernannte. Und weil die meisten Männer schon unterschiedliche Vorstellung davon haben, wie lang 30 cm sind, besorgte sich der Hygienebeauftragte einen Zollstock, um die Stühle der Probanden (nennt man eigentlich so Probende?) exakt mit einem Abstand von 1,50 m Abstand zueinander auszurichten. Da Detlef Erberich auch noch die DM-Drogeriemärkte des Siegkreises heimgesucht hatte, gab es zusätzlich für jeden Anwesenden ein Fläschchen Hygiene-Hand-Gel und die eindringliche Warnung, den Inhalt entgegen Trumpscher Empfehlung unbedingt nur äußerlich anzuwenden. Masken waren auch Pflicht. Zumindest für die Orchestermitglieder und die Dirigenten. Ein wenig überkorrekt war der Hygienebeauftragte des AOM, der auch seinem Instrument vorsorglich eine Maske verpasste (siehe Foto).
Die Minuspunkte des Versammlungssaals: Es gab keinen Rheinblick und auch keine schöne Aussicht auf die Sieg – und somit auch kein Schiffe (Anm. d. Red.: Anspielung auf die Ablenkungen, die in Leutesdorf das Proben erschwerten). Und es gab kein kalt-Warmes Wodka-Büffet, und auch keine Berge von Gurken und Frikadellen, weil Olga und Josef Pfeifer diesmal fehlten. Dafür aber – trara!!! – war nach langer Krankheitspause der liebe Marius endlich wieder mit seiner Schießbude präsent, der den nötigen Schwung in die ganze Sache brachte! Fein. So konnte es also losgehen. Mit den Beatles Folge 1, mein absolutes Lieblingsstück (wahrscheinlich denkt ihr jetzt, der Autor wolle Pluspunkte bei Orchesterchef Stephan Weidenbrück sammeln. Okay. Ertappt). Ansonsten ist mir noch vom ersten Probentag in Erinnerung, dass das Essen reichhaltig und gut war. Und der Orchesterchef ermahnte, nicht zu vergessen, vor und bei dem Essen die Maske abzunehmen.
Mit Schwung: Marius hinter seiner Schießbude
Der Sonntagmorgen war dann dadurch geprägt, dass der Orchesterleiter fehlte, weil (die einen sagen so, die anderen sagen so) der Maestro in seiner Kirchengemeinde beim Gottesdienst die Orgel traktieren musste, oder aber einfach mal ausschlafen wollte - sei's drum. Fakt ist, dass dadurch wieder einmal Stephans Stellvertreter Werner zum Einsatz kam, der einleitend allen ins Gewissen redete, mehr auf den Dirigenten und seine Armbewegungen zu achten, wenn der nun schon mal da vorne rumsteht und sonst nichts zu tun hat. Und dann ließ Werner "Hänschen klein" in C-Dur mit wechselnden Tempi einstudieren (Anm. des Autors: Endlich mal ein Stück, das auch ich fehlerfrei mitspielen konnte). Pünktlich zum Mittagessen war dann Stephan wieder zurück (die einen sagen, dies sei dem Umstand zu verdanken, dass der Gottesdienst beendet war, die anderen, dass er (grammatikalischer Bezug: gemeint ist hier Stephan und nicht der Gottesdienst) ausgeschlafen hatte) und übernahm ein Schnitzel mit Pommes und Salat später wieder die Leitung der Probe, wobei er erfreulicherweise noch mal die Beatles hervorkramen ließ und er sich wuderte, dass die ganze Truppe wie gebannt (nein, nicht an seinen Lippen, sondern) an seinen Armen hing (der Ermahnung Werners folgend) – na ja, wenigsten für die ersten 6 Takte (in denen die "Zweite" übrigens ohnehin Pause hatte und nichts verkehrt machen konnte). Und dann war das Probenwochenende leider auch schon wieder Geschichte, wobei ich aber auf jeden Fall noch anhängen muss, dass
- ich mich wie immer sehr bemüht habe, sachlich nüchtern zu berichten und nicht zu übertreiben oder gar die Unwahrheit zu schreiben,
- es mich gefreut hat, dass ich mein Mittagessen am Tisch von Ulla, Trude und Rosi einnehmen durfte. Ich habe mich sehr zusammengenommen und diesmal auch nicht gekleckert,
- es mir leid tut, dass ich Rita den Parkplatz vor dem Wastl streitig gemacht habe, um ihn für Siegi zu reservieren, obwohl der am Sonntamorgen doch gar nichts auszuladen hatte,
- ich hoffe, dass wir bei der nächsten Probe (Achtung Schleimspur!) auch wieder die Beatles Folge 1 einüben.
P.s.:
Ein herzliches Dankeschön an Detlef und die ihn umgebenden Vorstandsdamen, dass sie dieses wohl für alle gewinnbringende Wochenende möglich gemacht haben, und nochmals ein besonderes Dankeschön an unseren Vorsitzenden, der die Getränke aus eigener Schatulle gezahlt hat (kleiner Verbesserungsvorschlag: Freibier etc bitte künftig rechtzeitig vorher ankündigen) und last but not least ein Dankeschön den beiden Dirigenten, die wieder mal viel Geduld mit uns hatten, sowie euch allen, die ihr mit guter Laune zum Gelingen des Wochenendes beigetragen habt.
Herbert Bohlscheid
pps:
Es gibt hier einen Link zu Celebration, leider mit sehr schlechter Qualität, weil kein externes Mikro zur Verfügung stand. Sorry.
Sprücheklopfer
Keine Veranstaltung des Akkordeonorchester Müllekoven, bei dem nicht irgendwelche Sprüche rausgehauen werden – so auch diesmal (obwohl Stefan Pollak leider nicht mit von der Partie war).
"Wir spielen nicht verkehrt, sondern nur anders" (von Unbekannt)
"Die dritte Stimme bekommt keinen Nachtisch!" (Orchesterchef nach einem Patzer der "Dritten").
"Wir spielen immer vor – ihr braucht das nur nachzuspielen" (Hans-Dieter, 1. Stimmer, zu Susanne von der "Dritten"). Deren schlagfertige Antwort: "Ja, aber nicht so falsch wie ihr!")
"Wenn ich mal in Rente bin, übe ich auch." (Ulla, die wahrscheinlich ihr Renteneintrittsalter verschlafen hat).
"Die Dritte hat ihre eigene Bezeichnung zu den Registern: Das Normal-Register und das Quietsche-Register." (Orchesterchef Stephan zu der etwas anderen Fachterminologie der "Dritten")
"Du kriegst nur ein halbes Schnitzel." (Rosi zum Orchesterleiter, weil der am Sonntag bei der Probe am Vormittag nicht anwesend war)